Selbstständige treffen finanzielle Engpässe besonders häufig. Bei ihnen zeigt sich die Verkettung von Umständen sehr deutlich, denn zahlt nur ein Kunde wenige Tage zu spät, so mag es schon schwerfallen, die gängigen Kosten zu bestreiten. Zugleich können immer mal unerwartete Ausgaben auftreten, die, ganz nach Murphy’s Gesetz, natürlich zu den ungelegenen Zeiten kommen. Doch auch Selbstständige können sich einen gewissen finanziellen Spielraum sichern.
Rechnungsvorfinanzierung und Rechnungsverkauf – für einen besseren Liquiditätsfluss
Dies ist eine recht gängige und vor allem einfache Methode. Das sogenannte Factoring war lange Zeit überwiegend großen Unternehmen vorbehalten, da die Rechnungen schlichtweg einen hohen Mindestbetrag aufweisen mussten. Heute haben sich die Grenzen teilweise verschoben und schon Selbstständige mit einem geringerem Umsatz können den Service in Anspruch nehmen. Grundsätzlich gibt es zwei Optionen, die unter das Factoring fallen:
Rechnungsverkauf (Factoring) – bei dieser Methode verkauft der Selbstständige seine offene Rechnung an den Dienstleister und erhält von diesem das Geld abzüglich einer Servicegebühr. Je nach Angebot und Vertrag kann dies dauerhaft erfolgen, aber auch nur auf einzelne Rechnungen bezogen sein. Die meisten Vorfinanzierungen dieser Art werden im Vorfeld vereinbart, also schon direkt bei der Rechnungslegung. Allgemein kann das Factoring offen oder verdeckt geschehen Bei der verdeckten Version erfährt der Rechnungsadressat nichts von der Vereinbarung. Bei der offenen Variante zahlt der Rechnungsempfänger ersichtlich an den Dienstleister.
Vorfinanzierung – diese Variante lässt sich mit einem Darlehen vergleichen. Eine offene Rechnung wird dem Factorer angeboten, der das Angebot akzeptiert (oder ablehnt) und das Geld dem Selbstständigen gutschreibt. Innerhalb einer festen Frist muss der Selbstständige nun das Darlehen zurückzahlen. Dies ist meist der Zeitpunkt der tatsächlichen Rechnungsbegleichung. Oft werden diese Angebote mit einer Darlehensgrenze versehen, sodass beispielsweise höchstens 5.000 Euro offen sein dürfen. Der Unterschied zum Factoring besteht darin, dass die Rechnung lediglich als Sicherheit für das Darlehen gilt. Das Factoring-Unternehmen selbst übernimmt keinerlei Haftung für die endgültige Zahlung der Rechnung.
- Johannes Brehme (Autor) - Freerk Reeder (Sprecher)
- Eckermann, Ines Maria (Autor)
Gerade die zweite Variante ist ideal für Selbstständige mit kleinen Umsätzen, gerade dann, wenn diese Kunden haben, die sich zu viel Zeit mit dem Rechnungsausgleich lassen. Durch die Vorfinanzierung steht das Geld kurz nach Rechnungsstellung zur Verfügung, das Darlehen nach Ablauf der vereinbarten Frist (oft 30-90 Tage) im Normalfall mit der Zahlung des Kunden ausgeglichen.
Dispokredit: Die Notlösung auf dem Girokonto
Grundsätzlich ist der Dispokredit eine praktische Lösung, doch gelten hier feste Regeln:
Notfall – der Dispo sollte immer als Notfallkredit betrachtet werden. Dauert die Banküberweisung einen Tag länger, wird die Miete jedoch heute abgebucht, so sorgt er dafür, dass die Miete nicht zurückgebucht wird.
Nutzungsdauer – sie sollte schon aus Kostengründen so kurz wie nur möglich sein. Der Dispo bringt die Gefahr mit sich, dass er sich schier von selbst aus erweitert. Erst sind nur 100,00 Euro im Minus, dann 200,00 Euro und irgendwann ist der Dispo knapp an seiner Grenze.
Höhe – die Gesamthöhe des Dispos sollte immer so berechnet sein, dass er in seiner Gesamtheit binnen drei Monaten vollständig ausgeglichen werden kann – obwohl alle anderen Kosten ebenfalls getragen werden.
Der Dispokredit ist praktisch, da er fest mit dem Konto verbunden ist und es keine weiteren Anträge oder Formalitäten braucht, um ihn im Ernstfall zu nutzen. Es schadet auch nicht, ihn am Monatsletzten anzugreifen, um doch noch schnell das Auto aufzutanken – wenn ein Geldeingang kurz darauf sicher ist.
Als problematisch erweist sich, dass sich der Dispo natürlich mit jedem Geldeingang selbst ausgleicht, aber auch das verfügbare Geld auf dem Konto angreift. Faktisch steht also monatlich weniger zur Verfügung, wenn der Dispo ausgeglichen werden soll. Und das sollte er, denn die Dispozinsen sind weit höher als die eines Ratenkredits.
Rahmenkredit: Die smarte und günstigere Alternative
Besser als ein Dispokredit ist ein sogenannter Rahmenkredit. An und für sich lässt er sich bestens mit einem Dispositionskredit vergleichen, denn beiden Varianten haben große Gemeinsamkeiten. Der Rahmenkredit im Überblick:
Aufnahme – Rahmenkredite werden wie ein Ratenkredit aufgenommen. Das kann, sofern die eigene Bank ihn anbietet, auch dort geschehen. Ansonsten gibt es online diverse Anbieter. Wichtig ist, vorab die Konditionen zu vergleichen, damit ein solides und günstiges Produkt gefunden wird.
Bereitstellung – anders als ein gewöhnlicher Kredit, dessen Summe auf das Konto überwiesen wird, aber auch anders als der Dispo, der mit dem Konto verbunden ist, wird der Rahmenkredit auf einem eigenen Kreditkonto bereitgestellt. Umgangssprachlich darf dieses Konto nun als Sparkonto oder Notgroschen bezeichnet werden.
Nutzung – das Geld steht fest auf dem Konto und wird bei Bedarf genutzt. Rahmenkredite besitzen keine feste Laufzeit, jedoch wird oft eine kleine Mindestrückzahlung verlangt. Zinsen fallen dabei nur auf den genutzten Betrag an.
Der Rahmenkredit bietet günstigere Konditionen als ein Dispokredit. Da er zudem nicht fest mit dem Konto verknüpft ist, gilt er als sicherer. Das Konto kann nicht schnell überzogen werden, denn der Kreditbetrag muss erst überwiesen werden. Dafür steht der Notgroschen bereit, sofern er natürlich nicht abgerufen wurde und nur noch ein Restbetrag übrig ist.
Mitunter kann der Rahmenkredit auch zur Ablösung des Dispos genutzt werden, jedoch bietet sich hierfür ein echter Ratenkredit an. Dieser hat über die fixe Laufzeit hinweg gleichbleibende Raten und allgemeinen einen anderen Zweck als der Rahmenkredit.
Fazit – Notlagen können überbrückt werden
Als Selbstständiger ist es immer gut, neben dem Plan A auch noch einen Plan B – und Improvisationstalent – in der Hand zu haben. Glücklicherweise gibt es auch für Selbstständige mittlerweile gute Optionen, Engpässe zu überbrücken und den Spielraum zu erweitern. Die Rechnungsvorfinanzierung ist dabei ein gern genutzter Weg, da mit ihr die oft langen Zahlungsläufe verkürzt werden können. Während der Dispokredit nur im Notfall dauerhaft genutzt werden soll, ist der Rahmenkredit der günstige Kreditrahmen, der ein beruhigendes Polster in der Hinterhand sicherstellt. Trotzdem sollte auch hier bedacht werden, dass die genutzte Kreditsumme verzinst wird. Eine dauerhafte Verschuldung ist auch in diesem Bereich nicht sinnvoll.
Letzte Aktualisierung am 1.12.2023 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API