Fast ein Drittel aller Österreicher haben einen Privatkredit. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Ing-DiBa hervor. Jeden Monat zahlen die meisten dabei ihre Kreditschuld zurück. Im besten Fall sind sie jedoch in der Lage den Kredit bereits schon vor dem Ende der eigentlichen Laufzeit zurückzuzahlen. Das geht in Form von Sondertilgungen oder eben durch eine Ablöse des gesamten Kredits. Letzteres ist in manchen Fällen mit einer sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung verbunden. Dabei handelt es sich um eine Gebühr, die von Banken bei einer vorzeitigen Ablöse der Kreditsumme erhoben wird. Wir haben die wichtigsten Informationen rund um diese Gebühr an dieser Stelle zusammengefasst.
Allgemein: Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?
Die Banken möchten bei der Vergabe eines Kredits, egal um welche Art von Kredit es sich handelt, natürlich auch Geld verdienen. Sie investieren Geld indem sie eine entsprechende Summe an Kreditnehmer auszahlen. Die wiederum zahlen den Betrag mit einem vorher festgelegten Zinssatz innerhalb einer bestimmten Zeit an die Bank zurück.
In manchen Fällen kann es jedoch vorkommen, dass Kreditnehmer mehr Geld zur Verfügung haben. Dann haben sie die Möglichkeit mittels Sonderzahlungen, die Kreditsumme schneller zurückzuzahlen.
Durch eine größeren Geldbetrag, wie beispielsweise ein Erbe, lässt sich der Kredit unter Umständen sogar direkt auslösen. Das kommt dann quasi einer vorzeitigen Kündigung des Kreditvertrags gleich.
Ist das der Fall, entgehen der Bank jedoch Einnahmen, mit denen sie gerechnet hat. Dann kann die Vorfälligkeitsentschädigung zum Tragen kommen. Es handelt sich quasi um eine Pönale, die den Verlust der Einnahmen ausgleichen soll.
So eine Strafzahlung muss jedoch vorher im Kreditvertrag festgehalten sein. Je nach Höhe und Art des Kredits darf sie über einen bestimmten Prozentsatz nicht hinausgehen.
Die Bank muss den Kreditnehmer vor der Sondertilgung auf die Vorfälligkeitsentschädigung und deren Höhe hinweisen. So kann der Kreditnehmer entscheiden, ob sie die Zahlung wirklich lohnt. Wird der Kreditnehmer nicht über die Höhe der Pönale informiert, kann die Bank auch keine Entschädigung einfordern.
Wie hoch fällt diese Pönale aus?
Wie bereits erwähnt, dass die Vorfälligkeitsentschädigung nicht über einen bestimmten Prozentsatz hinausgehen. Außerdem ist die Höhe noch von verschiedenen Faktoren abhängig. Es spielen die Art des Kredits, dessen Höhe, der vereinbarte Zinssatz und weitere Punkte eine Rolle. Bei Krediten, die nach Juni 2010 abgeschlossen wurden, darf Vorfälligkeitsentschädigung auf keinen Fall größer sein als 1 Prozent der Restschuld.
Das gilt für Kredite, deren restliche Laufzeit noch länger als ein Jahr ist. Läuft der Vertrag nur noch weniger als ein Jahr, darf der Prozentsatz sogar nicht mehr als 0,5 Prozent betragen. Anders sieht es jedoch bei älteren Finanzierungen aus, die vor besagtem Juni geschlossen wurden. Hier fallen die Pönalen zum Teil deutlich höher aus. Aus diesem Grund sollte man unbedingt vor einer Ablösung des Kredits in den jeweiligen Vertrag schauen.
Für die genaue Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung haben Banken zwei verschiedene Methoden. Wichtig dabei zu wissen ist, dass die Entschädigungszahlung unabhängig von der Kreditrestlaufzeit und dem aktuellen Zinsniveau ist.
- Aktiv-Aktiv-Methode: Die Bank berechnet den Schaden, den sie durch das ihr entgehende Geld erleidet. Dabei geht sie davon aus, dass sie das Geld für die vorzeitige Tilgung als Ersatzdarlehen an einen anderen Kreditnehmer verleiht. Der Bank entsteht ein Schaden, wenn der Kreditsatz für diesen neuen Kredit niedriger ist als zuvor. Zudem wird der sogenannte Zinsmargenschaden berücksichtigt.
- Aktiv-Passiv-Methode: Dieses Berechnungsmodell ist etwas freundlicher für den Kreditnehmer. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Bank die Summe in Aktien investiert, um den Ausfall der Zinsen auszugleichen.
Wer nun wissen möchte, wie hoch die Vorfälligkeitsentschädigung für seinen Kredit ausfallen würde. Im Netz gibt es viele Rechner, mit deren Hilfe die Gebühr ermittelt werden kann. Allerdings stellen die Ergebnisse dann nur einen groben Richtwert dar.
Vor allem bei der vorzeitigen Rückzahlung von Immobilienfinanzierungen
Sehr häufig begegnet einem die Vorfälligkeitsentschädigung bei Baudarlehen und Immobilienfinanzierungen. In diesem Bereich geht es oft um sehr große Darlehenssummen. Dabei geht es in den meisten Fällen um mehrere hundert Tausend Euro. Eine langfristige Zinsbindung spielt hier ebenfalls eine Rolle.
Wenn der Kreditnehmer während der Festzinsbindung nun eine Sondertilgung tätigen möchte, ist die Bank nicht unbedingt dazu verpflichtet, diese auch anzunehmen, wenn das nicht ausdrücklich im Kreditvertrag festgehalten wurde. Die Bank kann also auf eine Weiterfinanzierung wie bisher bestehen.
Muss die finanzierte Immobilie jedoch verkauft werden, sieht die Sache anders aus. Dann besteht das Recht auf eine Sondertilgung. Ohne entsprechende Passagen im Kreditvertrag kann eine Sondertilgung erst nach einer zehnjährigen Zinsbindung ohne Vorfälligkeitsentschädigung passieren. Deshalb müssen wir noch einmal mehr unterstreichen, wie wichtig der Blick in den Vertrag und insbesondere die dortigen Sondertilgungsbestimmungen ist.
So sieht es bei Ratenkrediten aus
Bei herkömmlichen Ratenkrediten sieht die Sache etwas entspannter aus. Wie bereits eingangs erwähnt, wurde im Jahr 2010 eine neue EU-Verbraucherkreditrichtlinie zur Vorfälligkeitsentschädigung verabschiedet. So sollen Kreditnehmer vor überhöhten Zahlungen geschützt werden.
Die Höhe der Pönale ist damit abhängig von der Höhe der verbleibenden Restschuld. Banken dürfen bei der Rückzahlung nur ein Prozent der Restsumme auf diese aufschlagen, wenn der Vertrag noch länger als 12 Monate läuft. Bei einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten liegt die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei 0,5 Prozent der Restschuld.
Außerdem lassen sich bis zu 10.000 Euro innerhalb von 12 Monaten ebenfalls ohne Strafzahlung als Sondertilgung entrichten.
Vorfälligkeitsentschädigung oft in Verbindung mit einer Umschuldung
Fast jede zweite Person in Österreich hat Schulden. Das geht aus einer Statistik der ING-DiBa hervor. Dabei verfügen rund 22 Prozent der Bevölkerung über einen Konsumkredit, 16 Prozent überziehen ihr Konto regelmäßig, 8 Prozent haben Schulden bei Freunden oder Familie und 6 Prozent haben Kreditkartenschulden.
Nicht selten zahlen sie hierfür ziemlich hohe Zinsen. Gerade bei dem Nutzen des Dispo liegen die Zinsen bei Girokonten in Österreich im Schnitt bei etwa 10 Prozent. Die genauen Werte variieren von Bank zu Bank. Um weniger Zinsen zu zahlen und Kredite günstiger zu machen kann eine Umschuldung sinnvoll sein.
Dabei handelt es sich um einen Kredit, der dazu genutzt wird, andere Kredite vollständig zu tilgen und somit zu kündigen. Die Hoffnung dabei ist es in den meisten Fällen, Geld zu sparen durch günstigere Zinsen.
Die Vorfälligkeitsentschädigung kann einem hier jedoch einen Strich durch die Rechnung machen. Ist sie höher als die Ersparnis aus der Umschuldung, empfiehlt es sich, den aktuellen Kredit so lange zurück zu zahlen, bis es sich lohnt.
Neben einer Zinsersparnis gibt es noch weitere Gründe, die für eine Umschuldung sprechen können:
- Mehr Übersicht über die finanzielle Situation, da mehrere Kredite zu einem zusammengelegt werden können.
- Dadurch kann die Bonität bei der KSV verbessert werden, denn mehrere kleine Kredite sehen schlechter aus als ein größerer Kredit.
- Die monatliche finanzielle Belastung durch die Rückzahlung der Raten kann neu festgelegt werden.
Dann muss sie nicht gezahlt werden
Wie wir bereits weiter oben im Text angedeutet haben, muss die Vorfälligkeitsentschädigung unter gewissen Umständen nicht gezahlt werden. Handelt es sich bei dem Kredit um einen Vertrag ohne Festzins, darf die Pönale nicht erhoben werden. Der Kreditnehmer darf den Vertrag mit einer Frist von drei Monaten kündigen.
Gibt es beim Kredit eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung und wurde die Vorfälligkeitsentschädigung dennoch gezahlt, darf sie rückwirkend wieder zurückgefordert werden.
Vorher haben wir bereits erwähnt, dass eine Tilgung ohne Vorfälligkeitsentschädigung bei einer Immobilienfinanzierung möglich ist, wenn die Immobilie verkauft werden muss. Es kann aber auch der Fall sein, dass die Immobilie verkauft wird und der neue Besitzer den Darlehensvertrag genauso übernimmt. So hat die Bank keinen Ausfall zu beklagen.
Natürlich ist es möglich, den Darlehensvertrag ordentlich zu kündigen. Das ist beispielsweise nach der Zinsbindung der Fall oder, bei Krediten, die länger laufen, nach einer Frist von zehn Jahren. Hier gilt es dann die Kündigungsfrist von sechs Monaten zu beachten, um den Kredit ohne Vorfälligkeitsentschädigung auszulösen.
Wird der Kredit seitens der Bank gekündigt, fällt die Strafzahlung ebenfalls weg. Grund hierfür kann das Ausbleiben von Rückzahlungsraten sein.
Ist eine vorzeitige Tilgung des Kredits sinnvoll?
Der Wunsch nach einer Sondertilgung kommt meist dann auf, wenn sich an der finanziellen Situation etwas verändert. Die Gründe hierfür können beispielsweise eine fällige Anlage, eine Erbschaft oder eine Schenkung sein. Viele Banken lassen Sondertilgungen von bis zu 5 Prozent der verbleibenden Summe zu, ganz ohne Entschädigung. Solche Sonderzahlungen lohnen sich also in jedem Fall.
Ist beispielsweise die Summe aus dem Erbe groß genug, um die Restschuld zu decken, ist eine vorzeitige Ablöse ebenfalls sinnvoll, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung nicht teurer ist, als den Kredit einfach weiter zu bedienen.
Ähnlich wie bei einer Umschuldung des Kredits, ist es nur sinnvoll, wenn man am Ende Geld spart oder zumindest einen anderen Vorteil aus dieser Situation ziehen kann. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die monatliche finanzielle Belastung durch diese Maßnahme sinkt oder vielleicht mehrere Kredite zu einem kombiniert werden können. Es muss sich am Ende eben lohnen.
Fazit
Die Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Strafgebühr, vor der wirklich nur wenige Kreditnehmer fürchten müssen. Sie wird dann fällig, wenn Kredite mittels Sondertilgungen vorzeitig abgelöst werden und der Kreditvertrag somit gekündigt wird. Das kann beispielsweise bei einer Umschuldung der Fall sein oder wenn man unverhofft an eine große Geldsumme kommt, wie etwa durch ein Erbe.
Wer seinen Kreditvertrag nach Juni 2010 abgeschlossen hat, muss mit einem, beziehungsweise 0,5 Prozent der Restsumme rechnen. In manchen Fällen fällt sie sogar komplett weg.