Kaltakquise ist eine der effektivsten Möglichkeiten um neue Kunden zu gewinnen oder Upselling bei bestehenden Kunden durchzuführen. Was Privatkunden betrifft, ist die Sache schnell geklärt. Jeder unerwünschte Kontaktversuch per Telefon oder Mail ist zu unterlassen. Wenn es aber um die Neukundengewinnung im B2B Bereich geht, wird die Sache etwas komplexer. Wenn wir von Kaltakquise sprechen, ist damit gemeint dass es keinerlei vorherigen Kontakt mit dem Kunden gab.
Vorbemerkung: Dieser Beitrag stellt keinerlei Rechtsberatung dar, wenn man auf Nummer Sicher gehen möchte, ist der konkrete Termin beim Rechtsanwalt die einzig richtige Vorgehensweise. Der entsprechende Rechtstext findet sich unter „Unerbetene Nachrichten“ im § 107 Telekommunikationsgesetz.
Wo liegt das rechtliche Problem?
Im oben genannten Paragraphen geht hervor, dass Kunden nur dann zum Zweck des eigenen Vorteils kontaktiert werden dürfen, wenn diese zuvor ihre Einverständnis abgegeben haben. Auch das aktive Einholen dieser Zustimmung ist bereits verboten, da ebenfalls zum Zweck eines Verkaufs durchgeführt. Für Privatkunden ist diese Art der Akquise besonders heikel, für B2B Kunden gibt es dafür an und für sich keine Trennung laut österreichischer Rechtssprechung.
Der Kunde darf vor allem dann nicht kontaktiert werden, wenn er „Schutz vor unerbetenen Anrufen benötigt“. In der Schwammigkeit dieser Aussage liegen hier auch die Chancen verborgen.
In der Praxis spielt hier vor allem die Branche, in der man sich bewegt, eine Rolle. Wenn Sie Visitenkarten herstellen und dabei alle Firmen im Umkreis von 300km kontaktieren, ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, Schwierigkeiten zu bekommen. Wenn Sie allerdings spezielle Produkte für eine spezifische Kundengruppe anbieten, so können Sie grundsätzlich von wenig Widerstand ausgehen. Umso relevanter und interessanter das Produkt ist, desto weniger bringt man sein Gegenüber auf die Idee, etwas unrechtes zu tun.
Kaltakquise ist in Österreich also immer ein Graubereich. In der täglichen Praxis würden aber viele Unternehmen gar nicht überleben können, ohne diese Form der Akquise zu betreiben.
Was das Telefon betrifft, gilt das umso mehr. Aktuell sind uns keine Verurteilungen wegen Kaltakquise im B2B Bereich bekannt. Hintergrund ist der schwierige Beweis eines unerwünschten Anrufes. Möglich wäre hier nur das Aufzeichnen eines Gespräches, wofür der Angerufene allerdings vorab die Einverständnis des Anrufers benötigt.
Mehr Informationen dazu auch unter http://eigenefirmenwebseite.at/gesetzeslage-zur-kaltakquise-in-oesterreich/.
Kaltakquise per Mail
Nichts leichter als Mailadressen von potentiellen Neukunden zu bekommen. Egal ob diese Daten bereits im Unternehmen gesammelt wurden, aus den Gelben Seiten gelesen sind oder bei einer externen Agentur zugekauft sind, eines gilt immer: Der unerwünschte Mailkontakt ist rechtlich weit strenger als das Telefonat!
Rechtsanwältin Jutta Löwe erklärt in einem Interview gegenüber wordbridge.de, dass die rechtliche Grundlage für Neukundenakquise per Mail im B2B Bereich keine klare ist. Gerade das öffnet einigen „Internet Anwälten“ die ihren Unterhalt zu einem großen Teil durch Abmahnungen verdienen, Tür und Tor.
Rechtlich korrekt ist ein Mail an einen Neukunden erst dann, wenn dieser mittels doppeltem Bestätigungsverfahren (Double Opt-In) den Wunsch nach Werbemails geäußert hat. Ein gutes Beispiel dafür sind Newsletter Werbungen.
In der Praxis ist es zwar durchaus üblich, direkt per Mail kontaktiert zu werden, Garantie dass das nicht zu einer Klage führen kann, gibt es aber keine.
Abgesehen von der rechtlichen Lage ist ein Fakt aber noch wichtiger für die Neukundengewinnung: welcher B2B Ansprechpartner liest noch Werbe Mails? Richtig! So gut wie keiner. Die Chance einen unbekannten Kunden über ein Mail zu einem persönlichen Gespräch zu bringen, ist äußerst gering. Der Aufwand steht meist in keiner Relation zum Nutzen.
Kaltakquise per Telefon
Im oben genannten Interview geht Frau Löwe auch auf die Akquise per Telefon ein. Diese ist rechtlich deutlich sicherer als die Neukundengewinnung per Mail. Viel wichtiger ist aber noch die Erfolgsquote in der Telefonakquise. Richtig durchgeführt, erhält man eine 8-10 mal höhere Chance zu einem persönlichen Gespräch. Dadurch ist der Aufwand auch geringer als in der Kaltakquise per Mail.
Unter Sales Profis hört man immer wieder „Beim Nein fängt das Verkaufen erst an!“. Am Telefon hat man die Chance das zu beweisen. Ganz im Gegensatz zur Akquise per Mail. Hat der Kunde dort nicht sofort angebissen, landet das Mail im Papierkorb. Per Telefon hat man noch einige Möglichkeiten im Spiel zu bleiben.
Wichtig dabei ist eine gute Gesprächsvorbereitung. Die wichtigsten Punkte die vor dem Gespräch bekannt sein sollten:
- Wie sind meine USP´s?
- Welchen Nutzen hat der Kunde davon?
- Wer ist mein Kunde (Als Firma und als Person)?
- Was will ich im Gespräch erreichen?
- Welche sind die drei häufigsten Einwände und wie begegne ich ihnen?
Wer dann noch freundlich und mit einem Lächeln auf den Lippen zum Hörer greift, wird kaum negative Erfahrungen machen.
Auch am Telefon spielt die Branche eine große Rolle. Auch hier gilt, umso spezifischer und individueller das Produkt, desto geringer der Widerstand gegenüber der Kaltakquise.
Niemals sollte man schlecht vorbereitet oder übertrieben hartnäckig am Telefon sein. Wer den falschen B2B Kunden verärgert, darf sich nicht wundern, wenn dieser ungehalten und im schlimmsten Falle mit dem Rechtsanwalt droht.
Die Alternative – Gefunden werden
Obwohl die Telefonakquise aus dem Alltag nicht wegzudenken ist, gibt es alte und neue Methoden, um langfristig für Neukunden zu sorgen.
Der Klassiker ist hierbei das Empfehlungsmarketing. Damit ist bei weitem nicht nur gemeint, seine Kunden um Kontakte zu Fragen. Gutes Empfehlungsmarketing zieht sich durch das gesamte Unternehmen und sollte mit entsprechender Professionalität betrieben werden. Dann kann sie sich aber zu einem Selbstläufer entwickeln und für dauerhaften Zustrom sorgen.
Die neuen Medien sind mittlerweile auch im B2B Bereich immer wichtiger geworden. Im privaten Bereich werden über 90% aller relevanten Kaufentscheidungen im Internet getroffen. Im B2B Bereich ist das zwar noch nicht so, die Tendenz dazu gibt es aber genauso. Mittels optimaler Suchmaschinenoptimierung in Kombination mit Online Marketing lassen sich Kunden finden, die von ganz alleine auf die eigene Firma aufmerksam werden. Eine Investition die sich für so gut wie jedes Unternehmen eignen kann.
Fazit:
Kaltakquise kann in Österreich leider nicht als durchwegs legal bezeichnet werden. Der Autor selbst kann aber auf über 15 Jahre Neukundenakquise per Telefon zurückblicken und kennt keinen einzigen Fall der wirklich vor Gericht gelandet wäre. Mit gewisser Vorsicht ist die Telefonakquise nach wie vor sehr effizient. Wer für sein Vorhaben Sicherheit haben möchte, muss sich aber unbedingt an einen Rechtsanwalt wenden und dann überlegen, ob man das Risiko eingehen möchte oder nicht.